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Die digitale Transformation ist derzeit das Reizwort der globalen Wirtschaft. Die Chefetagen der KMU, Konzerne und Marken-Unternehmen werden zunehmend mit dieser Herausforderung konfrontiert. Der Angang wird jedoch durch den Transformations-Ansatz oft ausgebremst wird.
Dieser Artikel zeigt 3 Gründe auf, warum es für den Entscheider besser ist, sich von der Transformations-Idee zu lösen.

In vielen Gesprächen mit CEOs, Unternehmern und Vorständen mache ich oft die Erfahrung, dass durch das Konstrukt einer digitalen Transformation operative Barrieren auf Top-Entscheider Ebene entstehen.
Laut der Studie „Digital Leader – Leadership im digitalen Zeitalter“ von „Crisp Research“ bezeichnen sich 71 % der Entscheider als „Digital Beginner“. Dementsprechend fehlt es auch an den nötigen Implementierungs-Strategien.
Ich skizziere nun 3 Gründe, warum die digitale Transformation den strategischen Angang durch Entscheider eher ausbremst und m. E. die Idee dahinter falsch ist.

1. Die vergebliche Suche nach Start und Ziel

Der Begriff der Transformation impliziert einen klar definierten Startpunkt. Das ist allerdings absurd. Im Grunde gibt es im Jahre 2015 kein rein analoges Unternehmen mehr. Informationstechnisch gesehen, sind spätestens seit der Einführung der Fax- oder eMail-Kommunikation einige Prozesse schon digitalisiert.

Es gibt keinen definierten Ziel-Zustand! Stellen Sie sich vor, Sie hätten beispielsweise im Jahre 1998 Ihre Unternehmens-Website eingeführt. Und stellen Sie sich weiter vor, Sie hätten damals damit Ihre digitale Transformation zielgerecht beendet. Wie anachronistisch würde Ihr Unternehmen heute dastehen?

Die Suche nach einem Anfangs- und Zielzustand ist müßig und blockiert einen strategisch-pragmatischen Angang. Befreien Sie sich davon.

2. Die digitale Transformation von Unternehmen ist progressiv

Die sogenannte Transformation erfasst das Unternehmen nicht wie eine Flutwelle die von heute auf morgen alles auf den Kopf stellt. Der Verlauf ist eher progressiv und mit den Implementierungs-Strategien klassischer Change-Prozesse vergleichbar. Um auf die o.a. Studie zurückzukommen, so ist es wichtig, dass die Top-Entscheider sich der Digitalisierung zunächst selber annehmen. Damit ist ein großer evolutionärer Schritt bereits getan. Auch wenn dieser von außen (noch) nicht sichtbar ist, so ist er für eine weitere progressive Evolution des Unternehmens überaus relevant.

Erst dann finden erste Entwicklungen in der Organisation, Technologie, sowie Prozess- und Werteänderungen statt. Die so voranschreitende Digitalisierung wird von validiertem Lernen und agilen Change-Prozessen begleitet.

Diese Entwicklung gleicht daher eher einer Evolution als einer linearen Transformation!

3. Von der digitalen Transformation zur Evolution

Naturgemäß bestehen Unternehmen aus einer Reihe von Teilsystemen, deren Interoperabilität für jedes Unternehmen überlebensnotwendig ist.
Auch an dieser Stelle muss evolutionär vorgegangen werden. Welche Konsequenzen hat die Digitalisierung von Subsystem A (Vertrieb) auf das Subsystem C (Produktentwicklung)?
Der Transformations-Ansatz durchzieht das Unternehmen als Ganzes und berücksichtigt kaum die einzelnen System-Eigenschaften. Das mag für ein Startup funktionieren, für ein bestehendes Unternehmen wohl eher weniger.

Bei Marken steht der Transformations-Ansatz sogar im Widerspruch mit dem für Marken lebenswichtigen Wertesystem und damit verbunden mit der Marken-Positionierung. Global angelegte Transformations-Prozesse können das Wertesystem schädigen und die Positionierung der Marke verwässern.

Ein evolutionärer Prozess entspricht also auch in der Digitalisierung eher den systemischen Eigenschaften von Marken und Unternehmen.

Fazit:

Die Idee einer radikalen und in Ihrer Konsequenz kaum absehbaren digitalen Transformation von Unternehmen ist nicht zielführend. Verstehen Sie die digitale Herausforderung als eine evolutionäre Weiterentwicklung und Anpassung Ihres Unternehmens an die Umwelt.
Wichtig hierbei ist, dass das Top-Management als treibende Kraft im Unternehmen sich mit der Digitalisierung der Gesellschaft und Wirtschaft ernsthaft auseinander setzt. Etwaige Wissensdefizite müssen ausgeglichen werden.
Stellen Sie ein cross-funktionales Pilot-Team mit Teilnehmern aus den unterschiedlichen relevanten Bereichen Ihres Unternehmens zusammen. Digitale Dienstleister aus Branchen wie Kommunikation & Marketing, Informationstechnik und Change Management können hier u.a. die Rolle von Beratern, Coaches oder Sparringpartner übernehmen. Sie etablieren so eine Keimzelle als eine Art „Intrapreneurship“ im eigenen Unternehmen, welche sich evolutionär ausbreiten kann.

Dirk Majchrzak

Dirk Majchrzak

Dirk Majchrzak ist Initiator und Herausgeber des Digital Directors Blog. Als Kommunikationswissenschaftler mit dem Schwerpunkt Marketing ist er seit über 20 Jahren in als Agentur CEO, Managing Partner und Consultant für digitale Strategien tätig. Seine Expertise ist in der strategischen und konzeptionellen Entwicklung digitaler Marken-Kommunikation, sowie der digitalen Marketing-Transformation und der Entwicklung digitaler Geschäftsmodelle begründet. Weitere Infos finden Sie auf der Seite ->Herausgeber.

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