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Wie in Teil 1 der Beitragsreihe „digitale Kundenbindung“ dargestellt, sollten sich Kundenbindungs-Programme nicht nur auf reine Rückvergütungsmechaniken verlassen. Vielmehr ist eine Fokussierung auf den Customer-Lifecycle dringend nötig. In diesem Teil erläutere ich erfolgsrelevante Prinzipien zur nachhaltigen Implementierung von digitalen Kundenbindungs-Programmen.

Aufgrund meiner langjährigen Erfahrungen in der Umsetzung von digitalen Kundenbindungs-Programmen ist mir folgendes Szenario bestens bekannt: Ein Unternehmen möchte mittels Push Kommunikation an den User bzw. Konsumenten herantreten. Ziel ist oft die Etablierung markeneigener Inhalte auf dem Home-Bildschirm des potenziellen Kunden-Smartphones. „Wir brauchen eine App“, heißt es dann oft. Die Chance, dass Push Informationen aus der Konsumgüter- oder Dienstleistungs-Großindustrie einen nachhaltigen Platz auf dem Home-Bildschirm des Users finden, ist erfahrungsgemäß jedoch sehr gering. Denn dieser Bereich ist nicht nur räumlich begrenzt, sondern auch der medial persönlichste Touchpoint des Individuums.

In 90 % der Fälle mangelt es den Unternehmen an einer Strategie, die den Kundennutzen in den Fokus stellt. In der Regel bestimmen Verkaufsargumente die Diskussion, dabei fehlt der Blick auf den gesamten Customer Lifecycle. Die Bedürfnisse Ihrer Prosumenten, Konsumenten oder Kunden sind in jedem Abschnitt des CLC anders gelagert. Demzufolge muss Ihr Kundenbindungsprogramm entsprechende Mehr- bzw. Nutzwerte offerieren.

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Strategische Analyse, Planung und Dokumentation sind erfolgsrelevant

Die meisten Kundenbindungs-Programme verfehlen ihre Ziele, weil dem analytisch-strategischen Part zu wenig Bedeutung beigemessen wird. In der Planungsphase ist eine bereichsübergreifende Kommunikation in Ihrem Unternehmen entscheidend. Neben dem Pre- und After-Sales-Service müssen auch Marketing, Produktmanagement, IT und Unternehmensleitung in den Entstehungsprozess eingebunden werden. Bringen Sie die Entscheider an einen Tisch!

Die Frage nach der technischen Umsetzung kann zunächst hinten angestellt werden. Ob beispielsweise App oder Web ist zu Beginn der strategischen Überlegungen nicht entscheidend. Rücken Sie stattdessen die strategische Analyse des Customer Lifecycles konsequent in den Vordergrund! Verschiedene Faktoren beeinflussen, welche Technologie letztlich die geeignete für Ihr Kundenbindungs-Programm ist. Zuerst ist eine umfassende Analyse des Customer Lifecycle, der transaktionalen KPI und der Engagement KPI nötig, um bei der Auswahl der Technologie dann später die richtige Entscheidung treffen zu können.

Iterativ, dialogorientiert & agil am Prosumenten bzw. Konsumenten

Ein elementarer Aspekt bei einer fortlaufenden Implementierung eines Kundenbindungs-Programms ist der Dialogaufbau mit dem Prosumenten bzw. Konsumenten. Fokussieren Sie sich auf die Bedürfnisse der Zielpersona! Insbesondere zu Beginn einer Beziehung zwischen Marke/Unternehmen und dem Rezipienten stärken Sie damit die Bindung. Ziel eines wechselseitigen Beziehungsaufbaus ist es, dem Nutzer dauerhaft relevante Services oder Inhalte zu liefern.
Bei einer schrittweisen Implementierung ist es wichtig, das Deployment mit kleinen, agilen Interaktionen zu planen. Denn auch hier gilt: der Kundennutzen bzw. der subjektiv wahrgenommene Nutzen entscheidet über Erfolg oder Misserfolg eines Kundenbindungssystems. Zu große Batchgrößen in der Implementierung können möglicherweise an den Nutzen und Bedürfnissen vorbei konzipiert worden sein. Der gewünschte Bindungseffekt stellt sich dann nicht ein und schlimmstenfalls wurden Budget und wertvolle Arbeitszeit schlichtweg verschwendet.

Ist die Einführung eines Kundenbindungs-Programms geplant, können die Prinzipien von Lean-Startup-Methoden hilfreich sein. Insbesondere im Zeitalter der Digitalisierung ist die Lean-Startup-Methode ein agiles Mittel, um zielsicher entlang der Zielgruppen-Bedürfnisse Produkte und Services zu entwickeln. Der Autor Eric Ries beschreibt dieses Konzept anschaulich in seinem Standardwerk (The Lean Startup, 1. Aufl. 2011).

Ergonomische Schnittstellen für eine positive User Experience

Je weiter die Digitalisierung voranschreitet, desto mehr interagieren Ihre Kunden mit medialen/digitalen Schnittstellen. Umso wichtiger ist es, dass diese Schnittstellen einfach zu verstehen sind, ergonomisch ein gutes Gefühl vermitteln und dem Prosumenten bzw. Konsumenten eine echte Hilfe sind. Das Nutzererlebnis der Applikation ist die Verbindung zwischen Kunde und Marke. Umso erstaunlicher ist es, mit welch dürftiger Umsetzungsqualität manche digitale Assets etablierte Marken vertreten.

Würden Sie einen Service-Mitarbeiter in Ihrem Unternehmen dulden, der auf Kundenanfrage seinen Dienst verweigert, Kauderwelsch redet, oder den Kunden eher verwirrt als hilft? Genau wie ein Service-Mitarbeiter repräsentiert aber auch die User Experience im Zeitpunkt der Interaktion Ihre Marke und Ihre Unternehmenswerte. Machen Sie daher nicht den Fehler, digitale Assets als Spielerei der IT Abteilung abzutun.

Die Überwachung der UX-Qualität sollte Chefsache sein, denn die Qualität der Umsetzung beeinflusst ganz wesentlich die Markenreputation. So gesehen ist die User Experience gleichbedeutend mit der Customer Experience (CX). Nur ein zufriedener Prosument bzw. Konsument wird zu einem nachhaltigen Kunden. Zu dem Nutzerverhalten kann man bei der Planung der Kundenbindungs-Programme zwar Annahmen treffen, diese werden in der Realität aber selten vollständig zutreffen. Deshalb ist ein kontinuierlicher Dialog mit dem User sowie ständiges Validieren unverzichtbar, um die Vorannahmen durch fundiertes Wissen zu ersetzen.

Fazit

Die strategische Planung ist für den Erfolg eines Kundenbindungs-Programms essentiell. Wer bei dessen Einführung nur Teilaspekte der Customer Lifecycle und KPI berücksichtigt, wird am Nutzen des Prosumenten bzw. Konsumenten vorbei entwickeln. Integrale, agile Interaktionsformen auf der Grundlage von Lean Startup Methoden stellen eine gute Basis für eine nutzerorientierte Konzeption und Umsetzung dar. Die Qualität der User Experience des Kundenbindungs-Programms wirkt sich ganz erheblich auf  die Reputation Ihrer Marke aus. Nur wenn Sie Nutzen-Relevanz mit einer der Marke entsprechenden Umsetzungs-Qualität entlang des Customer Lifecycle entwickeln, kreieren Sie bindende Markenerlebnisse mit nachhaltiger Wirkung!

Dirk Majchrzak

Dirk Majchrzak

Dirk Majchrzak ist Initiator und Herausgeber des Digital Directors Blog. Als Kommunikationswissenschaftler mit dem Schwerpunkt Marketing ist er seit über 20 Jahren in als Agentur CEO, Managing Partner und Consultant für digitale Strategien tätig. Seine Expertise ist in der strategischen und konzeptionellen Entwicklung digitaler Marken-Kommunikation, sowie der digitalen Marketing-Transformation und der Entwicklung digitaler Geschäftsmodelle begründet. Weitere Infos finden Sie auf der Seite ->Herausgeber.

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